Theorie U
in der Organisationsentwicklung

Was es ist
Die Theorie U ist eine Landkarte für die Themen «Veränderung», «Organisationsentwicklung» und/oder «Führung der Zukunft». Sie bezieht sich auf folgenden Quellen:
- Der Aktionsforschung und Organisationsentwicklung in der Tradition von Peter Senge, Ed Schein, Donald Schön, Chris Argyris und Kurt Lewin.
- Dem Design Thinking in der Tradition von Tim Brown und Dave Kelly.
- Dem Achtsamkeitstraining und den Erkenntnistheorien in der Tradition von Francisco Varela, Umberto Maturana, Jon Kabat-Zinn, Arthur Zajonc und David Bohm
- Den Friedensforschungen in der Tradition von Friedrich Glass, Nelson Mandela und Millionen anderer, die in ihrem lokalen Umfeld Veränderungen anstossen
- Die Theorie U stellt eine Rahmen zur Verfügung, um die blinden Flecken im Führungsalltag und Veränderungsmanagement sichtbar zu machen.
- Die Theorie U ist eine Haltung.
Was es nicht ist
Die Theorie U ist keine Methode oder ein Werkzeug.
Grundsätze
«Der Erfolg einer Intervention hängt von der inneren Verfasstheit des Intervenierenden ab.»
Claus Otto Scharmer nach Bill O’Brie
Der blinde Fleck
Claus Otto Scharmer geht davon aus, dass nicht nur zählt, was und wie Führungskräfte handeln, sondern das es immer stärker darum geht, aus welcher «inneren Verfasstheit» sie handeln. Welches die innere Quelle ihres Tuns ist. Beispielsweise: welche Qualität des Zuhören, der Aufmerksamkeit bringe ich als Führungskraft in eine Situation? Dies wird massgeblich meine Wahrnehmung des Geschehens, meine Einschätzung von dem, was gerade passiert und damit auch mein zukünftiges Handeln beeinflussen.
Lange, vor einer Handlung – sei es sprachlich, sei es nichtsprachlich –, hat sich die Aufmerksamkeit schon einen Fokus gesucht, eine Perspektive auf das zu beobachtende Geschehen. Was wir in den Blick nehmen und was nicht, mit welchen eigenen Erfahrungen wir Wahrgenommenes aufladen und in welche innere Schublade es dadurch gerät, das alles sind in der Regel Abläufe in unserem geistig-seelischen System, die sekundenschnell und auch weitgehend unwillkürlich vonstattengehen.
Das Thema «Von der Zukunft her führen» innerhalb der Theorie U befasst sich von daher zuerst und immer wieder damit, diesen blinden Fleck bewusst zu machen und so die eigene Wahrnehmung – und damit auch die Einschätzung der Situation und damit das zukünftige Handeln – zu erweitern.
Der blinde Fleck
Claus Otto Scharmer geht davon aus, dass nicht nur zählt, was und wie Führungskräfte handeln, sondern das es immer stärker darum geht, aus welcher «inneren Verfasstheit» sie handeln. Welches die innere Quelle ihres Tuns ist. Beispielsweise: welche Qualität des Zuhören, der Aufmerksamkeit bringe ich als Führungskraft in eine Situation? Dies wird massgeblich meine Wahrnehmung des Geschehens, meine Einschätzung von dem, was gerade passiert und damit auch mein zukünftiges Handeln beeinflussen.
Lange, vor einer Handlung – sei es sprachlich, sei es nichtsprachlich –, hat sich die Aufmerksamkeit schon einen Fokus gesucht, eine Perspektive auf das zu beobachtende Geschehen. Was wir in den Blick nehmen und was nicht, mit welchen eigenen Erfahrungen wir Wahrgenommenes aufladen und in welche innere Schublade es dadurch gerät, das alles sind in der Regel Abläufe in unserem geistig-seelischen System, die sekundenschnell und auch weitgehend unwillkürlich vonstattengehen.
Das Thema «Von der Zukunft her führen» innerhalb der Theorie U befasst sich von daher zuerst und immer wieder damit, diesen blinden Fleck bewusst zu machen und so die eigene Wahrnehmung – und damit auch die Einschätzung der Situation und damit das zukünftige Handeln – zu erweitern.
Wie passiert es
«Alles Gesagte wird von Beobachtenden gesagt.» (frei zitiert nach Umberto Maturana – Der Baum der Erkenntnis)
So, leicht abgewandelt, lautet der systemische Hauptsatz. Das bedeutet in einer ersten, ganz einfachen Konsequenz nur, dass die Beobachtung, die die Weichen für jede Interaktion stellt, unter Beobachtung gehört.
Für Führungskräfte bedeutet dies, die eigene Aufmerksamkeit zu kultivieren und zu professionalisieren.
Dies kann geübt werden mittels:
Zuhören
Volle Aufmerksamkeit hat immer vier Dimensionen:
- Das über meine Sinneskanäle unmittelbar im Aussen Wahrnehmbare: Was sehe/höre/rieche/taste/schmecke ich hier und jetzt?
- Die Resonanz in meiner eigenen Innenwelt: Was löst das in mir aus?
- Die Fantasien und Hypothesen zur abwesenden Aussenwelt des Gegenübers: Wie stelle ich mir das Erzählte szenisch vor?
- Die Fantasien und Hypothesen zum inneren Erleben meines Gegenübers: Was haben die berichteten Szenen in meinem Gegenüber ausgelöst? Welche Empfindungen, Fantasien, Bewertungen sind wohl für sie/ihn damit verbunden?
Diese Art von «freischwebender Aufmerksamkeit» ist ein zugewandter, der sprechenden Person ergebener, und gleichzeitig sehr freier, kreativer Akt. Ein Oszillieren zwischen dem Abtauchen in die fremde Innenwelt bzw. dem «Mitträumen» und einem bewussten Beobachten, Erklären, Einordnen. Eine innere Verfasstheit, die mir alles erlaubt, selbst die schrägsten Assoziationen – sofern ich sie bewusst als Fantasie bzw. Hypothese betrachten und gegebenenfalls als solche zur Verfügung stellen kann.
Staunen
Die einzigen Momente echter Absichtslosigkeit sind vielleicht die kurzen Momente des Staunens. Das Staunen kommt aus einem anderen inneren Raum. Es gibt vieles, worüber es sich im Arbeitsalltag staunen lässt: zum Beispiel darüber, welch unerhörte Geschichten, Abenteuerromane und Psychothriller das Leben gerade für die Menschen geschrieben hat, die ganz und gar unscheinbar daherkommen. Ebenso in diesem Sinne erstaunlich ist immer wieder der opulente und nicht enden wollende Erfindungsreichtum, mit dem manch einer eine besonders lieb gewonnene Problemkonstruktion pflegt. Oder das Staunen gilt einfach der ungeheuren persönlichen Kraft, die jemand aufzubringen vermag, um in einer über die Massen belastenden Situation zu verharren und zu überleben.
Oder es ist die Geschwindigkeit, die Menschen entwickeln können, damit sie immer schneller sind als ihre eigene Angst.
Oder ihre plötzlichen Entwicklungssprünge in vollkommen unvorhergesehene Richtungen. Die Liste der möglichen Anlässe zum Staunen lässt sich mühelos erweitern.
Schweigen
Wer staunen kann, kann auch schweigen, so könnte man meinen. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Je nach Kontext kann ein Schweigen die unterschiedlichsten Formen annehmen:
Es kann sich um ein eisiges Schweigen handeln, ein einvernehmliches Schweigen, ein lauerndes, ein verbissenes, ein nachdenkliches Schweigen, ein Schweigen der Ratlosigkeit, der Trauer, der Scham. Immer aber ist es ein beredtes Schweigen.
Schweigen ist Kommunikation. Es öffnet einen Raum, in dem in ganz besonderer Weise die Beziehung der beteiligten Personen zum Schwingen kommt. Erst wenn der Strom der Worte versiegt, wird spürbar, dass die Welt viel grösser und mehrdeutiger ist, als die wohlgeformten Sätze zuvor glauben machten. Es entsteht eine Ahnung, dass vielleicht sogar alles bisher Gesagte den Blick nur vernebelt hat. So werden die entscheidenden Weichen für den Verlauf einer Begegnung nicht selten eher im Schweigen gestellt als im Reden. Man könnte von «Schweigekompetenz» sprechen und damit die Fähigkeit bezeichnen, Spannung in der Weise und in dem Masse halten zu können, die dem Prozess förderlich ist.
Ohne Spannung entsteht keine Energie, keine Dringlichkeit. Ohne Spannung kann sich der Raum, den das Schweigen öffnet, nicht mit dem füllen, was gerade auftauchen will. Einfach ruhig und zugewandt warten, was passiert. Nichts tun, nichts sagen. Das ist eine Form der Aufmerksamkeit, deren Beherrschung schon eine gewisse Meisterschaft bedeuten kann.
Quellen
Claus Otto Scharmer: The Essentials of Theory U – Core Principles and Applications, Penguin US, ISBN 978-1-5230-9440-0
Mechtild Erpenbeck: Wirksam werden im Kontakt – Die systemische Haltung im Coaching, Carl Auer, ISBN 978-3-8497-0183-3
Chade-Meng Tan: Search Inside Yourself | Talks at Google
Claus Otto Scharmer: The essentials of theory U
«Es rattert immer noch nach.. 🙂 Ich bin dabei das Gehörte/Gelernte auf meine Rahmenbedingungen zu adaptieren und zu überlegen, wie ich es in meine tägliche Arbeit einfliessen lassen kann.»
