Metaskills: Humor und Freundlichkeit

Dieser Text erschien in unserem Newsletter vom Juni 2025

Metaskills: Humor und Freundlichkeit in der Führung

Als der Antarktisforscher Ernest Shackleton 1915 im antarktischen Packeis strandete, nachdem sein Schiff, die Endurance, im Meer versank, brachte er jeden Morgen seinen Männern heissen Kakao ins Zelt. Er wollte sie damit aufmuntern, denn er wusste: Hatten sie erst den Willen zum Weitermachen verloren, würde die ganze Expedition zugrunde gehen. Tatsächlich überlebten alle 27 Männer die gescheiterte Expedition.

Ernest Shackleton ist bis heute für seinen unkonventionellen, aber effektiven Führungsstil bekannt. Von den Bewerbern für die Expedition forderte er zum Beispiel nicht nur gute Schifffahrtkenntnisse, sondern vor allem auch musikalisches Talent. Wer viele Shanties kannte, hatte bei Shackleton eine gute Chance. So rettete er denn auch das Banjo des Meteorologen Leonard Hussey aus dem sinkenden Schiff: Die Mannschaft, dessen war er sich sicher, würde die Musik zum Überleben der Langeweile auf dem Eis brauchen. Shackleton war zwei Dinge: Er war freundlich – und er hatte einen Sinn für Humor. Diese beiden Attribute retteten seiner Mannschaft das Leben.

Du liest diesen Blog-Beitrag vermutlich nicht an Bord eines Eisbrechers in antarktischen Gewässern, sondern vielleicht eher in Sitzungszimmer 3 deines Büros. Die gute Nachricht ist: Das Überleben deines Teams ist nicht abhängig davon, ob du witzig bist – aber eine Prise Humor schadet sicher nicht. In diesem Post wollen wir die Metaskills Humor und Freundlichkeit etwas genauer unter die Lupe nehmen. Denn Humor und Freundlichkeit sind keine Randerscheinungen, auch wenn sie uns auf den ersten Blick nicht besonders wichtig erscheinen. Vielmehr spiegeln sie wider, wie wir mit uns selbst, mit anderen und mit Komplexität umgehen.

Blieben trotz Kälte guten Mutes

«Eine Führungskraft muss streng sein und autoritär, sonst wird sie nicht respektiert.» Diese Haltung ist in Organisationen oft gesehen, stimmt aber nur bedingt. Denn Autorität kommt nicht von unnötiger Strenge, sondern von Authentizität. Und authentisch ist, wer sich nahbar zeigt, wer Herausforderungen mit Humor begegnet und wer Freundlichkeit bewahrt, auch wenn die Situation gerade stressig ist.

 

Funktionale Höflichkeit & hierarchischer Humor

In klassischen Top-down-Systemen ist Freundlichkeit oft nicht mehr als eine Fassade, die einen Zweck erfüllt: Man wirkt damit professionell und punktet auch noch bei den Mitarbeitenden oder Kund:innen. Indes funktioniert Humor oft von oben nach unten und äussert sich oft in Spott und Witzeleien, die Mitarbeitende und Kund:innen treffen. Humor hat somit eine abgrenzende Funktion.

Die Führungsperson steuert das System von aussen. Humor und Freundlichkeit sind nichts weiter als Mittel zum Zweck. Sie machen die Fassade der Führungsweise aus, nicht jedoch ihre Substanz.

 

Führung mit Stil, aber noch im alten Rahmen

Wir sind uns vermutlich einig, dass der oben beschriebene Umgang mit Freundlichkeit und Humor nicht gerade förderlich ist. Werfen wir also einen Blick auf Wertschätzung, Feedbackkultur und Kommunikation auf Augenhöhe: Hier verändert sich die Art der Freundlichkeit: Sie wird als Eigenschaft erkannt, die sowohl Menschen motivieren wie auch Beziehungen stärken kann. Der Humor wiederum muss dem Arbeitsklima dienen, darf aber nicht irritieren.

Die beiden Metaskills bleiben zwar Werkzeuge, erhalten aber einen festen Platz in der Unternehmenskultur. Dennoch bleibt das System weitgehend auf Planung, Zielvereinbarung und Effizienz ausgerichtet. Wir fragen uns, wie wir wohl bei anderen ankommen, nicht aber wie wir durch unser Dasein als Führungskraft auf das System wirken.

 

Systemisches Bewusstsein und soziale Präsenz

Als Führungskraft steuere ich das System nun nicht mehr von aussen, sondern bin Teil des Systems. So wie ich es beeinflusse, beeinflusst das System auch mich.

Freundlichkeit und Humor sind nun keine Methoden mehr, sondern innere Qualitäten. Ich bin nicht freundlich, weil ich muss oder weil ich etwas erreichen will. Und: Ich bin freundlich zu mir selbst. Das ist ein echter Gamechanger, denn ich weiss um meinen inneren Kritiker, aber ich erlaube ihm nicht, mich anzuherrschen. Wenn Fehler passieren, verurteile ich nicht sofort andere. Ungewissheit begegne ich mit Offenheit statt mit Druck. Mit Humor schaffe ich eine soziale Brücke in der Unsicherheit. Humor hilft, Spannungen auszuhalten, wenn gerade niemand den Überblick hat und das Team komplexe Prozesse navigieren muss. Humor ist eine Form der kollektiven Resilienz.

Die beiden Metaskills werden zum Ausdruck einer bewussten inneren Haltung, die nicht auf Kontrolle, sondern auf Beziehung, Präsenz und Mitgestaltung beruht.

 

Resonanz, Emergenz und Feldbewusstsein

Freundlichkeit ist nicht länger an einzelne Personen oder Situationen gebunden, sondern ist eine Feldqualität. In dieser Kultur dürfen Menschen ganz da sein: mit ihren Fragen, ihrem Nichtwissen, ihrer Verletzlichkeit. Freundlichkeit wird zur Atmosphäre, in der sich Zukunft entfalten darf.

Humor wird etwas beinah Heiliges, das verhindert, dass der «Ernst des Lebens» nicht verabsolutiert wird. Man begegnet sich selbst, dem Leben und überhaupt allem, was man nicht steuern kann, mit Humor. Humor wird zur Geste des Loslassens.

Dieser Führungsstil zeigt sich auf der rechten Seite des U in Otto Scharmers Theorie U. Es geht an der Stelle nicht mehr darum, Lösungen zu entwickeln, sondern dem, was kommt, Raum zu geben. Freundlichkeit und Humor helfen, diesen Raum offen, lebendig und menschlich zu halten.

 

Fazit: Haltung statt Technik

Indem wir Humor und Freundlichkeit nur als «soziale Fähigkeiten» und «emotionale Intelligenz» betrachten, verfehlen wir ihr Potenzial. In einer Welt, in der Führung immer weniger von Kontrolle und immer mehr von Präsenz, Resonanz und Beziehungsfähigkeit lebt, werden diese Haltungen zu zentralen Navigationsinstrumenten.

Humor und Freundlichkeiten zeigen an, aus welcher Haltung heraus jemand agiert: aus Angst oder Vertrauen, aus Statusdenken oder Mitgestaltung, aus Abgrenzung oder Verbundenheit.

Wie Freundlichkeit Verbindung schafft

Zu Barbara Backhaus‘ Geburtstag wollte ihr Roni Greber ein besonderes Geschenk machen: Ein HILTI-Werkzeugkoffer. Der Haken: Diese Koffer werden nur zusammen mit sehr teurem Werkzeug abgegeben. Wie es dem Verkäufer und Roni zusammen gelang, einen Lösung ohne ein teures Werkzeug zu finden, zeigt das Video. Freundlichkeit und Beharrlichkeit sind dabei die Schlüsselkompetenzen. Doch sieh selbst!

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