Humble Consulting

21. Mrz 2020 | Wissenswertes

Humble Consulting
«Immer wenn ich herausfinden wollte, was meinen Kunden tatsächlich beunruhigt, habe ich festgestellt, dass mich eine nur förmliche Beziehung nicht ans Ziel bringt. Vielmehr muss ich die ‚professionelle Distanz‘ überwinden und eine neue Art von intensiverer Beziehung zum Kunden entwickeln, die persönlicher, vertrauensvoller und offener ist.» Schein 2017

Die Methode «Humble Consulting» ist davon geprägt, dass der Begleiter (Facilitator, Führungsperson, Coach, Projektleiter…) demutsvoll («humble») ins Gespräch geht. Auf diese Weise wird eine vertrauensvolles Beziehung zum Fragenden geschaffen. Gemeinsam kann so mit ihm das eigentliche Problem entdeckt und Lösungswege gefunden werden.

Level-zwei-Beziehung
Schein nennt diese neue Art der Beziehung eine «Level-zwei-Beziehung» oder eine «Beziehung zweiter Ebene». Wesentlich dafür, diese neue Beziehungsebene zu erreichen, ist es, dass der Begleiter im Gespräch in persönlichen Kontakt geht, ergebnisoffen bleibt und sich nicht von vornherein auf eine mögliche Lösung festlegt. Das Gespräch wandelt sich so von einer Diskussion und/oder Debatte in etwas, das eher einem Dialog am Lagerfeuer gleicht. Dabei gibt der Begleiter durchaus auch persönliche Dinge von sich preis – persönliche! – privat-intimes ist in diesen Dialogen nicht gefragt und würde in den meisten Fällen wohl als unangemessen, wenn nicht gerade übergriffig empfunden werden. Persönlich werden fördert jedoch den vertrauensvollen Kontakt, den es braucht, um sich auf viellicht auch unkonventionelle Lösungswege einzulassen.
Dazu nochmals Ed Schein: «Dieses Element ist der vielleicht größte Unterschied zu traditionellen Modellen, weil eine Level-zwei-Beziehung es möglich macht, eine völlig andere Art von Gespräch zu führen: Sie ermöglicht eine gemeinsame dialogische Erkundung, die darauf beruht, dass der Kunde ebenso wie der Berater die Tatsache akzeptiert, dass keiner von ihnen weiss, wo das Gespräch hinführt oder welche Art von Anpassungsbewegungen ihnen in den Sinn kommen wird, wenn sie die typische, ziel- und wettbewerbsorientierte Problemlösungsdiskussion aufgeben, in die man so häufig durch den Zeitdruck und durch unsere begrenzten Modelle möglicher Gesprächsformen hineingetrieben wird».
Um eine solche vertrauensvolle «Level-zwei-Beziehung» zu etablieren, muss der Begleiter laut Schein im Gespräch dreierlei zeigen:
1. Engagement für das Helfen,
2. ein fürsorgliches Interesse am Klienten und
3. Neugier.

Zuhören
«Die wichtigste neue Fähigkeit ist eine andere Art des Zuhörens» Ed Schein
Dafür müssten Begleiter zwei Formen von Empathie entwickeln: «Bei der ersten Variante muss ich darauf achten und neugierig darauf sein, was der Klient als seine aktuelle Situation oder sein aktuelles Problem beschreibt“, schreibt Schein. „Bei der zweiten Variante muss ich darauf achten und neugierig darauf sein, was den Sprecher tatsächlich bewegt, wenn er das Problem oder die Situation erklärt.“Auch wenn der Begleiter sich beim «Humble Consulting» in den Hilfesuchenden hineinversetzen und das Gespräch auf eine persönliche Ebene steuern soll, brauche er «die paradoxe Fähigkeit, sich in den Klienten und dessen Situation einzufühlen, ohne sich jedoch vom Inhalt verführen zu lassen», schreibt Schein.Vielmehr müsse der Berater er auf die verschiedenen Prozesse, die zwischen ihm und dem Hilfesuchenden ablaufen, konzentriert bleiben.

Zehn Thesen
Die Prinzipien des «Humble Consulting» fasst Schein in zehn Thesen zusammen:

  • These eins
    Um wirklich zu helfen, muss man das wahre Problem ermitteln, also herausfinden, was den Kunden tatsächlich beunruhigt.
  • These zwei
    Um zu ermitteln, was den Kunden tatsächlich beunruhigt, muss man für eine offene und vertrauensvolle Kommunikation sorgen.
  • These drei
    Um eine vertrauensvolle Kommunikation zu ermöglichen, muss man eine persönliche Level-zwei-Arbeitsbeziehung zum Kunden aufbauen, die über die förmliche professionelle Level-eins-Beziehung der meisten Hilfssituationen hinausgeht.
  • These vier
    Um eine solche persönliche Level-zwei-Beziehung aufzubauen, muss man die Beziehung bis zu einem gewissen Grad personalisieren.
  • These fünf
    Um die Beziehung zu personalisieren, muss man eine vorurteilslose, fragende Haltung einnehmen, indem man eher persönliche Fragen stellt oder eigene, eher persönliche Gedanken oder Gefühle preisgibt.
  • These sechs
    Um eine persönliche Level-zwei-Beziehung aufzubauen, muss der Begleiter dem Klienten diese Absicht schon beim ersten Kontakt vermitteln.
  • These sieben
    Um zu verstehen, was den Kunden beunruhigt, müssen sich Helfender und Kunde auf einen Dialogprozess einlassen, sobald sich eine Level-zwei-Arbeitsbeziehung zu entwickeln beginnt.
  • These acht
    Um festzustellen, ob das Problem, das den Kunden beunruhigt, mehrere Facetten hat, für die es keine einzelne, eindeutige Lösung gibt, müssen Begleiter und Kunde diese Frage sorgfältig überprüfen.
  • These neun
    Um zu entscheiden, wo Handlungsbedarf besteht, müssen Begleiter und Kunde gemeinsam über Prioritäten und notwendige Massnahmen entscheiden.
  • These zehn
    Ist das Problem klar und eindeutig, sollte der Begleiter die Rolle des Experten übernehmen oder den Kunden an einen Experten überweisen. Ist das Problem komplex und chaotisch, sollten sich Kunde und Begleiter auf einen Dialog einlassen, um eine mögliche Anpassungsbewegung zu ermitteln, wohl wissend, dass diese Annäherung das Problem vielleicht nicht löst, aber eine gewisse Erleichterung und neue Informationen erzeugen wird, auf deren Grundlage die nächste Anpassungsbewegung erfolgen kann. Anpassungsbewegungen müssen immer gemeinsame Entscheidungen sein, weil der Begleiter nie genug über die persönliche Situation des Kunden wissen wird, und der Kunde nie genug über alle Konsequenzen einer bestimmten Intervention wissen kann.

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